Themenabend über Tod, Trauer und Sterben im Islam ein Erfolg

Fatma Kazan und Hasan Ali Özer gaben fundiert und authentisch Einblicke, wie die Begleitung eines Sterbenden im Islam geschieht, welche Rituale vor und nach Eintritt des Todes üblich sind und wie der Tote bestattet wird.

Hasan Ali Özer führt in die Glaubenswelt des Islam in Bezug auf Leben und Tod, Gesundheit und Krankhein ein.

Fatma Kazan gibt Einblicke in ihr ehrenamtliches Engagement als Mitarbeiterin im Hospizdienst und in die Trauerrituale im Islam.

In allen Kulturen und Religionen hat der Tod eine besondere Bedeutung für die Menschen. Auf die Frage, wie mit dem Sterben, dem Tod und der Trauer umgegangen wird, haben die Menschen verschiedene Antworten gefunden. So sehr sich die Trauerrituale im Christentum und im Islam voneinander unterscheiden, ist der Umgang mit dem Tod in beiden Religionen ein wichtiges Thema.

In diesem Zusammenhang gaben Fatma Kazan, muslimische Mitarbeiterin in der Hospizarbeit und Hasan Ali Özer, Sprecher der muslimischen Gemeinden in Mühlacker, auf Bitte des Evangelischen Bildungswerkes im Kirchenbezirk Mühlacker und dem Ambulanten Hospizdienst Östlicher Enzkreis e.V Einblicke in die muslimische Glaubens- und Lebenswelt im Zusammenhang mit Tod, Trauer und Sterben.

Medizinethik und das Verständnis von Gesundheit und Krankheit im Islam

Özer führt auch in das Verständnis von Gesundheit und Leiden im Islam ein, nach der die aktive und passive Sterbehilfe verboten sind. Möglich ist eine Organspende und die Obduktion, wenn nötig.
Erlaub ist eine "seelisch-geistige" Vorbereitung auf den Tod, bei der der Sterbende begleitet wird. Dies umfasst auch eine Schmerztherapie.

Die Medizin darf niemals zur Zerstörung, sondern nur zum sondern zum Wohlergehen der Menschen angewandt werden. D Wohlergehen des Menschen ist im Islam göttlicher Wille. Dies umfasst mit, dass die Würde des Kranken gewahrt werden muss.
Die Gabe von Schmerzmitteln zur Linderung ist nicht nur erlaubt, sondern eine ausdrückliche Pflicht der Ärzteschaft. Lebenserhaltende Maschinen dürfen nicht länger als nötig über den Zeitpunkt des diagnostizierten Hirntodes hinaus angeschaltet sein.

Sie zeigten auf, dass im Islam je nach Religion und Gruppierung die Rituale ein wenig voneinander abweichen können. Dabei wurden die Unterschiede zur christlich geprägten Bestattungskultur deutlich. Trauerbesuche werden drei Tage nach der Bestattung gemacht, Familie und Nachbarn übernehmen in dieser Zeit auch die Versorgung der Trauerfamilie.

Trauerbegleitung

Fatma Kazan gab Einblicke in ihr ehrenamtliches Engagement als Trauerbegleiterin. Neben dem seelsorgerlichen Aspekten für die Angehörigen und den Sterbenden sei sie eine Ansprechpartnerin für Menschen muslimischen Glaubens. Je nach dem, wie sehr die Familie in die muslimische community eingebunden ist, vermittle und helfe sie bei Behördengängen und zu Bestattern, zu Mitgläubigen, die bei den rituellen Waschungen helfen.

Kazan war in der persönlichen Schilderung ihres Engagments abzuspüren, dass die Begleitung von Sterbenden entsprechend denn muslimischen Glaubensritualen, in Würde und Achtsamkeit sind ihr dabei ein großes Anliegen ist.

Trauer und Bestattung im Islam

Beide Referenten machten deutlich, dass die sterbende bzw. die verstorbene Person mit großer Achtung und Würde behandelt wird. Das Einhüllen in weiße Leinentücher macht deutlich, dass jeder Mensch gleich ist und gleich auf diese Welt kommt und von ihr kommt. Der Islam schreibt eine möglichst schnelle Beisetzung des Verstorbenen vor, es sollten keine unnötigen Verzögerungen entstehen, dies heißt jedoch nicht, dass deswegen gesetzliche Bestimmungen außer Krafttreten müssen. (Wartefrist, gerichtliche Obduktion etc.)

Auf dem Hintergrund, dass die Würde gewahrt wird, werden die rituellen Waschungen und die Vorbereitungen für die Beisetzung von Menschen des gleichen Geschlechts wie die verstorbene Person ist, vorgenommen. Zentral sind mit die Freisprechung des Verstorbenen von Schuld bezüglich Mitmenschen und das Totengebet, an dem die Gemeinde und Mitmenschen teilnehmen. Die Trauer wird still und verhalten gezeigt.

Muslimische Gräber sind schlicht und für die Ewigkeit

Beim Besuch eines muslimischen Gräberfelds auf dem Friedhof fällt die andere Grabgestaltung auf. Diese geht auf das Gebot der Bescheidenheit und dem Verbot von Verschwendung zurück. Zu finden ist oft ein einfacher Grabstein, der möglichst naturbelassen ist. Er trägt die die Inschrift mit Angabe des Namens,  Tochter/Sohn Von XY, geboren, Gestorben und der „Fatiha“ für die Seele. Diese erste Sure des Korans ist das wichtigste Gebet im Islam: „Im Namen Gottes, des Erbarmers, des Barmherzigen. Lob sei Gott, dem Weltenherrn, Dem Erbarmer, dem Barmherzigen, Dem Herrscher am Tage des Gerichts. Dir dienen wir und zu Dir rufen wir um Hilfe. Leite uns den rechten Pfad, Den Pfad derer, denen Du gnädig bist, nicht derer, denen Du zürnst, und nicht der Irrenden.“

Das Verbot der Verschwendung zeigt sich im Verbot von Statuen und schmiedeeiserne Ornamenten. Blumenschmuck und Grabschmuck ist unüblich, oft auch Unerwünscht. Eine Begrünung des Grabes ist hingegen erwünscht.

Hasan Ali Özer machte deutlich: "Der Islam schreibt vor, die Friedhöfe regelmäßig zu besuchen,
nicht um die Verstorbenen zu ehren, sondern vielmehr um vor Augen zu halten, dass man selbst auch eines Tages sterben wird und entsprechend lebb und handelt."
Nach muslimischen Verständnis warten die Seelen der Verstorbenen bis zum jüngsten Gericht in ihrem Grab. Sie sollen deshalb nicht in Ihrer Ruhezeit gestört werden, "wenn möglich sollen die Grabstätten von Muslimen ewig bestehen", so Özer. Das ist mit den Abläufen auf deutschen Friedhöfen nur schwer vereinbar. Auch der Wunsch, in der Heimat bei der Familie und den Verwandten beigesetzt zu werden, führe dazu, dass Menschen muslimischen Glaubens noch oft in ihre jeweilige Heimat überführt werden.

Themenabend gut angenommen

Sowohl Seitens der Veranstalter zeigten sich Hannelore Stegmaier vom ambulanten Hospitzdienst östlicher Enzkreis als auch Diakon Michael Gutekunst, geschäftsführender Bildungsreferent des Eangelischen Bildungswerkes als auch die beiden Referenten waren vom Zuspruch auf dieses thematische Angebot angetan.

"Dass über 20 Personen an diesem Abend trotz Corona sich auf den Weg machten und sich mit diesem Thema befassten zeigt die Mitmenschlichkeit und das respektvolle Interesse am anderen" meint Gutekunst.

Weiter Themen zum Thema Tod und Sterben sind geplant für das Jahr 2021.